Einführende Worte anlässlich der Eröffnung der Ausstellung
Hans Braumüller: „RELATIONEN“‚
Malerei, Mail Art und Virtuelle Poesie
am Freitag, dem 24. September 1999
in der Galerie des Künstlerhauses Hamburg-Bergedorf
durch HEINZ LOHMANN, Kunstsammler
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Hans Braumüller!
Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, hier heute Abend Gedanken zur Ausstellung „RELATIONEN“ von Hans Braumüller vortragen zu dürfen. Menschen wie ich, die in ihrem beruflichen Alltag mit anderen Menschen zusammen unter schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen versuchen, unternehmerische Entscheidungen zur Umgestaltung von betrieblicher Wirklichkeit so zu orientieren, dass ein optimales Ziel erreicht werden kann, sind darauf bedacht, Reflexion über ihr Tun in anderen Zusammenhängen zu realisieren. Ich selber finde diese Möglichkeit immer wieder in der Kunst. Auf Grund ihrer Arbeitsbedingungen und Persönlichkeiten haben Künstler die Chance, wie Seismographen wirken zu können. Ich, der immer wieder auf der Suche nach Innovation ist, nutze deshalb gern den Kontakt zu Künstlern und zu ihren Werken, um neue Anstöße für eigene Aktivitäten zu erhalten.
Was ist nun das Besondere an den Arbeiten von Hans Braumüller? Sie sind auf den ersten Blick augenscheinlich fremd, weil rätselhaft. Häufig vermitteln sie einen dunklen Eindruck und sind im Zugang außerordentlich „sperrig“. Hans Braumüller fertigt keine Arbeiten zum „Drauf fliegen“. Ich weiß, dass diese Einschätzung auch für Künstlerkollegen von ihm zutrifft. Seine Werke erfordern ein höheres Maß an „Zuwendung“, um ihre Inhalte preis zugeben. Dieses ist auch deshalb sonderbar, da im Zentrum der Arbeiten von Hans Braumüller immer wieder die Vermittlung steht. Er setzt, dabei modernste Informationstechnologie ein. So sucht und findet er immer wieder den Kontakt über Internet-Präsentationen, und seit vielen Jahren über die Mail-Art zu Künstlern auf der ganzen Welt.
Hans Braumüller hat sich ganz am Anfang seiner künstlerischen Betätigung intensiv mit europäischen Maltraditionen, vornehmlich dem deutschen Expressionismus, auseinander gesetzt. Präziser gesagt, hat er sich dem Studium des „Blauen Reiter‘ gewidmet. Sein Startpunkt in der Kunst-Welt knüpft somit an den Beginn der Moderne an. Intensiv hat er sich in der Folge mit den verschiedenen Ausprägungen des Surrealismus befasst. Beide Elemente finden sich auch heute noch unverkennbar in seiner Malerei. Damit schlägt Hans Braumüller einen Bogen zwischen verschiedenen kunsthistorischen Perioden und erweist sich als Brückenbauer. Dieser Funktion werden wir in seinem Werk an verschiedenen Stellen immer wieder begegnen.
Aber, das bisher festgestellte ist nicht das seltsam Fremde, vielleicht könnte man sogar sagen befremdliche, in seinen Arbeiten. Für mich gründet sich das verwirrend eigentümliche in der zweiten Wurzel seiner eigenen Person. Er ist auch verankert im amerikanischen, genauer südamerikanischen Diskurs. 1966 in Santiago de Chile geboren, kommt er mit 4 Jahren nach Hamburg, in die Heimat seiner väterlichen Familie. Nach dem Abitur in der Hansestadt im Jahre 1986 fährt er nach Chile zurück, um an der Universität von Santiago Kunst zu studieren. Er folgt damit einer Tradition in seiner Familie, zwischen Europa und Südamerika zu pendeln. Auch in der Familie seiner chilenischen Mutter gibt es europäische Vorfahren.
Hans Braumüller hat sich in Chile immer wieder mit indianischen Kulturen auseinander gesetzt und an der Hochschule seine Diplomarbeit über dieses Thema geschrieben. Er hat so bewusst versucht, die europäische Bindung der Kultur in Chile und Südamerika überhaupt zu hinterfragen und die Folgen des Kolonialismus partiell zu überwinden. Er hat sich dazu auch mit anderen Künstlern in der Künstlergruppe, mit dem beziehungsreichen Titel „Die schöne Eingeborene“, zusammengetan und in ihr den Indio-Traditionen nachgespürt. Damit hat er sich in die Reihe derjenigen gestellt, die nach einer neuen chilenischen Identität suchen. Hans Braumüller hat also auch in Chile versucht, verschiedene Ebenen von gesellschaftlicher Realität in Verbindung zueinander zu setzen. Wiederum ist er derjenige, der Brücken zu bauen bemüht ist. Ein wichtiges Element seiner Persönlichkeit besteht mithin darin, integrative Funktionen zu entwickeln und zu befördern.
In der Farbpalette von Hans Braumüller sind die unterschiedlichen Wurzeln seiner Persönlichkeit sichtbar. Er verwendet kräftige, dunkle Farben, die auf indianische und südamerikanische sowie europäische Farbtraditionen zurückgehen. Sie weisen auch gerade auf eine gebrochene, konfliktträchtige Auseinandersetzung mit europäischen Kulturtraditionen hin. Erde und Steine spielen eine entscheidende Rolle in den indianischen Kulturen. Sie sind ein Zeichen für die Basis des Menschen, mit der er sich immer wieder verbindet. Bei Hans Braumüller verschwinden deshalb die Menschenkörper in der sie umgebenden Erde. Mensch und Natur sind im Fluss und in einer intensiven Wechselbeziehung. Die in Chile entstandenen Bilder sind,- auch in dieser Ausstellung – erkennbar symbolträchtiger und sie erscheinen uns sicherlich auf den ersten Blick unverständlicher. Die Symbole entstammen fremden Kulturen und erschließen sich nur nach deren Studium. Die Dechiffrierung lohnt sich, da die Erkenntnisse Aufschlüsse bei der Suche nach eigenen Identitäten geben können. Auch seine jüngsten – hier in Hamburg gemalten Bilder – enthalten solche Symbole. Sie sind allerdings viel realistischer und deshalb in ihrer übertragenden Bedeutung.