Poesie von Hans Braumüller, 1992 -1997, Hamburg
* Die folgenden Gedichte sind zum Teil im Original zuerst im Spanischen geschrieben worden und sind vom langjährigen Aufenthalt in Chile stark beeinflußt. Sie enthalten zum Teil kleine Grammatik- und Rechtschreibfehler, als Sie von Hans Braumüller 1997 für die Künstlerpublikation „Wege der Emotionen“ in einer Auflage von 100 1997 übersetzt wurden. Aufgrund der Authenzität werden diese heute nicht mehr korrigiert. Damals war die gefühlte Sprache und das Träumen eben noch sehr im Südamerikanischem verhaftet.
Gedichte
- Frau
- wie im Film
- Gebet
- Gesänge
- wieder ein Tag
- umherziehen
- traurige Küsse
- Begegnung
- color poem
- zuhause
- Maler
- Fragmente
- Erinnerung
- Icalma
- Überzeit
- Durchkreuzen
- Guillermo Deisler
Frau | ||||
deine Sprache so gewandt
deine Offenheit so zart deinen Mund möchte ich küssen bis die Ewigkeit meiner Seele den Abschied nimmt aus deiner Welt: Zweifel hegen Dich um mich zu verlieren in deinen Armen, die Dich dein Herz lieber alleine schlägen läßt. das Licht in deinen Augen ist das, das Zuhause meiner Träume ? aus den Stunden, die wir uns schenkten, entstand eine rote Rose, ob wir einen Garten hätten erschaffen können, steht nicht einmal in den Sternen geschrieben. nur einen Augenblick konnten wir unsere Wärme spüren. |
||||
wie im Film
Wein getrunken den Tag verbracht dann ins Kino wie im Film kein Happy End einfach harter Rock AH! Rock dir einen Selbst das Solo, hart und schnell im Strudel der Zeit was bedrückt ist das Klischee frei zu sein |
||||
Gesänge | ||||
höre den Vogel
Nachrichten bringt er aus Santiago de Chile einen verlorengegangenen Brief aus dem Gebirge zu dir nach Hause höre den Vogel wie er singt denn es könnte mein Gesang sein dort fliegt er am Horizont in scheinbarer Freiheit im Türkis des Himmels verschwindet unsere Liebe zu einem unbekannten Ort das Wasser fließt niemals gleich der Raum schwebt unwirklich in sich selbst das Traurige wird vergraben am Strande der Einsamkeit nicht mal die Sonnenstrahlen können jetzt meine Stimme erheben |
||||
wieder ein Tag | ||||
wieder ein Tag ohne Dich
eines Tages wird Du es vielleicht merken was ich wert bin trotz meines fehlenden Gelds Du wirsts Dir traurig an den Kopf fassen und aus dem Grunde empor uns verlorenzuhaben in dieser Zivilisation weinen wieder ein Tag alleine arbeiten für das Leben der Tod ist präsent es ist kalt ich wünsche mir dein Feuer den Moment zurelaxen und zu lachen lachen über meine Liebe über mich und meine Melancholie tanzen, rauchen, das Leben zu betrinken und zu malen immer tiefer im Grunde meines Seins anzukommen um zu schauen was die Trennung von Dir bedeutet um die Existenz zurückzuerobern |
||||
umherziehen
wir zogen durch die Berge wir zogen durch die Wüste wir zogen durch die Wälder wir schwammen in dem Meer wir griffen zu den Sternen wir versprachen uns die Liebe wir schwebten in den Wolken wie ein Fluß zum Meer zerrann unsere Liebe in der Weite dieser Stadt wir verschoben das Heute für die Zukunft und es flog uns davon wie ein Kondor über den Anden den Du beobachtest bis er nur noch ein kleiner schwarzer Punkt am Himmel ist. |
||||||
traurige Küsse | ||||||
im Wasser
im Feuer in der Luft auf der Erde kreissen traurige Küsse eine schmerzliche Umarmung ein verzweifelter Wunsch kreissen draussen weil sie deine Gestalt nicht erreichen sie schaffen es nicht in das Feld deiner Gefühle einzudringen sie geben uns kein Licht in dieser dunklen Nacht im Wasser im Feuer in der Luft auf der Erde kreissen meine traurigen Küsse |
||||||
Begegnung
ihr Duft so zart nur mein Blick erhascht die gebrechliche Schönheit jener einsamen Blumees riesselt herab und der Himmel bleibt stumm feucht wird sie meine Melancholie wird von ihr berührt für einen Augenblick kann ich meinen Weg vergessen der an ihr vorbeizieht |
||||
zuhause | ||||
bitte gebe mir eine Heimat
in deiner Seele bitte gib mir ein Zuhause in deinem Körper bitte verzeihe mir mein Unbeholfensein bitte gieße meine Gefühle nicht in den Abflusskanal |
||||
Maler
Du glaubst Du bist besser ein Macher einer originelleren Malerei Erfolg pflastert deinen Weg besser als ich der nur deine Anerkennung verfolgt deine Freundschaft war nur ein Spiegel deines eigenen Blickes ich verabschiede mich ohne Mißgunst meine Augen zum Jenseits richtend navigierend zwischen den Wellen der menschlichen Schwächen unter der Diktatur der Höheren Ästhetik und unter den vorherrschenden schlechten Geschmack die mit schönen Wörtern ihre heiligen Gewinne verstecken |
||||||
Fragmente
Träume von Malerei Fragmente von Farbe Strukturen aus Quarz Textur des Südpazifiks Indianische Grafik Codex aus Mesoamerika Deutscher Expressionismus Franzößischer Surrealismus Reisen zwischen zwei Welten Die Suche des Selbst Die Mhystik Maler zu sein und das ökonomische Verdammnis Alles zu umfassen ist das Problem Der Glaube ein Paradigma Ein Konzept ein Rettungsanker Die Materie eine Leidenschaft
|
||||||
Icalma | ||||
Im Ort Icalma
bläst der Wind über einige Araukarien im Mapuche Land eine Ruhe wohnt zwischen den Pihuenes und diese Lagune kalt und ernst umringt zwischen den verschneiten Bergen die Sonne wärmt auf 1300 metern über den Meeresspiegel und ernährt meine Seele in dieser verlassenen Gegend fern von der Zivilisation in der Gebirgskette der Anden im Süden Chiles |
||||
Gebet
die Landschaft meiner Vorstellung verwandelt die Formen der Farben in einem belebten Hintergrund von ursprünglichen Wesen Leute, Steine, indianische Ruinen die Zivilisation ist nur eine Sekunde in der Geschichte unserer Mutter Erde ich liebe Dich ich bewundere Dich ich flehe Dich an mich fallenzulassen im freien Universum der Malerei |
|||||
Erinnerung | |||||
Erinnerungen aus dem Norden Chiles
verwoben mit Zeichen der Vergänglichkeit und des Wandels diese Wüste lebt in unserer Sehnsucht aus einer Quelle kaltes Wasser zu trinken in Träumen zu wandern Ruhe zu finden die Sonne im Herzen zu spüren ein Lied des Windes zu hören Pictogliphen einer anderen Zeit zu bestaunen und für immer loszulassen |
|||||
color poem | ||
die Zeit läuft in der Hand meines Körpers
Regen fällt Farben klopfen auf die Leinwand erzählen Dir eine Geschichte die Zeichnung träumt der Glauben an den Sinn ein lebendiger wichtiger Teil zu sein nicht der Apathie des Konsums zu verfallen nicht zu malen wie ein Star in der Luft zu schweben ohne zu wissen wohin wir gehen das Rot kriecht über die Haut des weinenden Herzens als es das leuchtende Grün erkennt was bedeutet dieses Gelb in Beziehung zum ewigen Blau des Himmels?
|
||
Feuer | ||
mit diesem Feuer
aus diesem Feuer wuchs die Flamme unseres Herzes bis der ganze Streit verbrannte und so die Schönheit deiner Seele meine Nacht erhellte
|
Lebensbaum | ||
meine Seele ist in Deiner Zuhause
wie dieser Baum am Wege steht und den Himmel umarmt aber ich frage mich sind es unsere Taten die uns glücklich machen? gibt es ein gemeinsames Ziel auf unserem Wege? nämlich wie Du diesen Baum umarmst so umarme ich Deine Wärme in der Hoffnung unser Glück nicht zu verlieren wohin uns auch das Leben führen möge |
Überzeit | ||
was uns in der Kunst bekannt ist sind Spuren einer Weltgeschichte die verloren ist im Zeitraum der Kulturen eine Kunstgeschichte von der herrschenden „1 Welt“ ich recycle Elemente und Symbole der ursprünglichen Indianerkulturen des Kontinents Amerika – meiner Herkunft -eine Kritik gegenüber dem Kulturkolonialismus aber abschalten kann ich nicht so lebe ich im Widerstreit und Austausch außer der kalten Leere |
||
Durchkreuzen Santiago – Hamburg
Zeichen, Malerei, Objekt,
die Bedeutung des Durchkreuzen
von der einen Seite zur Anderen
Moleküle, Fragmente +++++
es gibt kein Ganzes,
nur ein Zusammentreffen aus verschiedenen Quellen
die fünf Himmelsrichtungen
anonyme Menschenmassen
vereinzelt und einsam als Ausländer im eigenen Land
die postnukleare Domino-Theorie
die nichts mehr erklären kann
eine Malerei strukturiert nach einem uralten peruanischen Motiv,
gesehen auf einem Stück Stoff :
Nazca-Huari – 600 Jahre nach Christus –
Erinnerung auch an Fluxus
das Kreuz von Joseph Beuys, Rotes Kreuz,
Planetarischer Notfall
immer wieder Zitate und „das habe ich schon so ähnlich gesehen“
nichts Neues unter der Sonne
was kann ich noch malen?
wieso meine Stimme erheben
in diesem Lärm des 20. Jahrhundert?
ein Projekt, ein Jahr, ein Kreislauf
Farben : radioaktive Landschaft
Malerei zwischen Himmel und Erde
die „schöne Eingeborene„, in einem versteckten Platz unseres Herzens verschwunden, weint und bittet
nicht die Kultur zu vergessen
zwischendurch war ich in Deutschland
PS.
„Die Schöne Eingeborene“, La Preciosa Nativa, war ein Künstlerkollektiv und eine Zeitschrift in meiner Studentenzeit, welches wir damals in Santiago de Chile gegründet hatten, um kreativ mit einer alternativen Kunst, die die Identität Chiles aus Sicht der ursprünglichen Kulturen wieder aufnahm und in den zeitgenössischen Diskurs eingeworfen hatte, um für die Demokratie einzutreten. In den letzten Ausgaben wurde auch etwas internationale Mail Art in der Zeitschrift veröffentlicht. Insgesamt gab es 10 Ausgaben, wobei die letzte Ausgabe eine Installation als Beitrag zu einer Ausstellung mit dem Titel „Identidad/Identität“ war, die 1992 in Santiago de Chile und Hamburg stattfand. Anlass waren die 500 Jahre seit Beginn der Kolonialisierung Amerikas.
die Asche meines Geistes
in die Leere deiner Augen
ach, der Tod holt
den Namen deines Werkes
UNI/vers(;)
alle Flüsse
fließen in das ewige Meer
unserer Vorstellung
so berührt von Deinem Erbe
laufe ich zum Gebirge meiner Kunst
Guillermo Deisler
El aire sopla
las cenizas de mi mente
al vacio de tus ojos
Ay, la muerte reclama
el nombre de tu obra
UNI/vers(;)
todos los rios
llegan al mar eterno
de nuestra imaginacion
Asi mojado por tu legado
corro al cerro de mi arte.